Kleine Rede zur Eroeffnung der Deutshen Kulturtage 2003 am Sonntag.
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde der Kultur, nicht nur der deutschen!
Herzlich begruesse ich Sie zur Eroeffnung der Deutschen Kulturtage in diesem Jahr.
Die Deutschen Kulturtage sind ja schon eine feste Institution in unserer Stadt, und seit 10 Jahren habe ich die Ehre und Freude sie mitzugestalten.
Wissen Sie noch, wie es im letzten Jahr war? Da trafen wir uns auch hier zur Eroeffnung im Puschkintheater und zeigten eine Ausstellung. Die hiess damals „Das russische Berlin 1918 bis 1941“ und „ Berlin vor u nach der Wiedervereinigung“. Diesmal wollen wir mehr bei uns bleiben: in Russland und vor allem im FernenOsten, und so zeigen wir eine Ausstellung „Beruehmte Deutsche Russlands“ und „Hervorragende Deutsche in Wladiwostok“. Unsere beiden Voelker haben viel miteinander zu tun gehabt. Russland als ein Vielvoelkerstaat hat auch viele deutsche Staatsbuerger gehabt, Deutsche in russischen Diensten haben in und fuer unser Wladiwostok gearbeitet. Im letzten Jahr haben wir besonders darauf hingewiesen, indem wir das Buch „Kunst u Albers Wladiwostok“ auf Russisch herausbrachten. Der Enkel des in unserer Stadt beruehmten Firmenchefs Aldolf Dattan war zu uns gekommen , und eben diese Familie Dattan hat jetzt auch einen Stipendiumfonds fuer unsere Universitaet gegruendet. Ja, die Geschichte der engen deutsch-russischen Beziehungen geht weiter, und beide Staaten tragen dem Rechnung, indem sie dieses Jahr wieder zum deutsch-russischen Kulturjahr erklaerten.
Aber was wollen wir uns und unser Stadt denn in diesem Jahr bieten? Wir haben diese Kulturtage unter das Thema gestellt „Freiheit – Toleranz – Zusammenarbeit“. Hat das Sinn? Aber natuerlich. Die Wichtigkeit de Zusammenarbeit unserer beiden Voelker u Staaten,- wer wollte daran zweifeln? Toleranz, d.h. sich gegenseitig annehmen und gelten lassen,- wie wichtig ist das zwischen zwei Voelkern mit je so ausgepraegter Eigenart! Wie wichtig ist das zwischen Menschen und Kulturen ueberhaupt. Gerade haben wir etwas darueber auf dem „Ersten Europaeisch-Pazifischen Kongress“ in unser Stadt gehoert.
Was ist nun der deutsche Beitrag zu diesem Menschenideal und Menschenrecht Freiheit? Mit dieser Frage sind wir etwas in unsere Geschichte zurueckgestiegen. Und da kamen wir auf den grossen Dichter der Freiheit , Friedrich Schiller. Dessen fast anarchistisches Freiheitsdrama „Die Raeuber“ werden Sie alle kennen. Aber nicht das wollen wir in diesen Kulturtage vorfuehren, sondern den „DonCarlos“. Das ist das Drama des Freiheitskampfes gegen die Despotie (Niederlaender gegen die Spanier), noch mehr aber das Aufbegehren des Jugendlichen Idealismus gegen den Realismus oder gar Zynismus der Erwachsenen und Maechtigen. „Sagen Sie ihm, dass er fuer die Traeume seine Jugend soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird!’ sind die wunderbaren zentralen Worte dieses Dramas, und sie sind mir von Jugend an lieb und wert . Seine Traeume und Ideale nicht verraten, wenn man einmal unter den Verantwortlichen oder Maechtigen steht! Der IDEALISMUS DER JUGEND,- das naehrt die Freiheit, das hat in Deutschland eine grosse Tradition. Das wollen wir in dem Literarisch-Musikalischen Abend zeigen , an dem wir Dichtung Friedrich Schillers und Musik Ludwig van Beethovens hoeren werden und dazu einen Vortrag „Der Idealismus im Werke Schillers und Beehovens“. Dieser Abend steht eigentlich im Mittelpunkt unserer Kulturtage, ich moechte dazu besonders einladen. Er findet statt am Mittwoch, 1.10. 17 Uhr im Theater Kukol.
Aber zugleich kann der Idealismus mit seiner absoluten Weltsicht, mit seinem Purismus,seiner kompromisslosen Ethik und seiner Begeisterung auch in die Diktatur fuehren. Und genau das ist in der tragischen Geschichte der Deutschen, die alles so perfekt, absolut und gruendlich machen, passiert. Der Idealismus und die Begeisterungsfaehigkeit der deutschen Jugend wurde vom Faschismus missbraucht, und das fuehrte in die Katasprophe, die wir alle kennen. Dazu koennen sie noch heute einen Dokumentarfilm sehen, „Deutschland erwache!“ genannt, in dem an Hand alter deutscher Filme aus den
30er und 40er Jahren gezeigt wird, wie der deutsche Faschismus die Gefuehle und den Idealismus der Jugend fuer seine Zwecke ausnuetzte. Idealismus, der nicht in die Freiheit, sondern in die Katastrophe fuehrte.
Der andere Film, den wir am Tag der Deutschen Einheit zeigen werden, zeigt genau das Gegenteil: Idealismus und der daraus erwachsende Mut zum Widerspruch fuehren in die Freiheit. Das ist die Geschichte der Freiheitsbewegung in der DDR im Jahre 1989, die schliesslich zur deutschen Wiedervereinigung fuehrte. Aber ,- und das ist wichtig,- dieser Idealismus der Freiheits-
kaempfer von 1989, dieser jugendliche Idealismus von 1989 ist ein anderer als der aus den 30er Jahren.
Er hat die Erfahrung in sich aufgenommen, dass Gewalt nur wieder Gewalt erzeugt, er ist ein GEWALTFREIER IDEALISMUS ,und deshalb , -ja ich darf es als christlicher Theologe ruhig sagen,- ist er Christentum, und deshalb wuchs dieser Widerstand gegen den kommunistischen Unterdrueckerstaat DDR in der Kirche.
Der Film heisst „Nikolaikirche“, das ist die Kirche im Herzen von Leipzig, wo sich die Freiheitsgruppe
jeden Montag zum „Montagsgebet“ traf und schliesslich zu einer Bewegung anwuchs, vor deren gewaltfreiem Widerstand Stasi und Miliz der DDR kapitulieren mussten. „Auf alles waren wir vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete“, sagt zum Schluss Stasi-General Mielke.
Wir zeigen den Film am Freitag, 3.Oktober 17Uhr hier im Pushkintheater.
Zum Thema Freiheit werden Dozenten unserer Univesitaeten und andere Vortraege halten am Sonnabend, 4.10., wie im letzten Jahr in unserer Pauluskirche. Da soll auch der Sammelband unserer philosophishen Vorlesungen, die wir im letzten Jahr in der Pauluskirche hoerten, verteilt werden.
Studenten unsere beiden Universitaeten (DWGU u DWGTU) und de Goethe-Lesesaal werden Lesungn u Wettbewerber zu deutscher Dichtung um die Freiheit machen.
Da alles zur thematischen Einheit unserer Deutschen Kulturtage. Und nun gibt es noch schoenes Garnier, unsere drei schoenen Konzerte, zu denen ich Sie einladen moechte: Am Dienstag, 30.
September um 18Uhr in unserer Pauluskirche, am Donnerstag, 2.Oktober 18 Uhr im Arsenjeff-Museum.
Da werden wir neben exquisiter Kammermusik auch neue russische Uebersetzungen von Dichtungen Heinrich Heines hoeren, und am Sonntag, 5.Oktober nach dem Erntedankfestgottesdienst das grosse Abschlusskonzert hier im Puschkintheater.
Ich wuensche uns allen viel Freude und Genuss!
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